Rede · 03.05.2006 Migrationsforschung

Der vorliegende Bericht der Landesregierung wirkt eher wie der klägliche Versuch, Aufträge des Landtages so umzusetzen, dass sie nicht umgesetzt werden.
Der Berichtsantrag zielt aber klar darauf ab, auf zwei Fragestellungen einzugehen: nämlich erstens, welche Forschungseinrichtungen sich in Schleswig-Holstein mit Migration befassen, und zweitens, welche Forschungsergebnisse und Untersuchungen die Landesregierung zur Grundlage der Weiterentwicklung ihres Integrationskonzeptes macht bzw. machen wird.

Stattdessen wird dem Landtag eine nichts sagende bundesweite Auflistung von 98 Forschungseinrichtungen aufgetischt - nach dem Motto: Was das Internet so hergibt. Für Schleswig-Holstein werden dann lapidar drei Forschungsvorhaben genannt.  Das ist ärgerlich. Auch wenn es aus Sicht des SSW nachvollziehbar ist, dass eine ausschließlich auf Schleswig-Holstein konzentrierte Untersuchung nicht ohne weiteres möglich ist, so wäre es dennoch wünschenswert, wenn der Bericht näher auf das Zusammenwirken von Migrationsforschung und Integrationsstrategien eingegangen wäre.

Der Auftrag lautete also nicht, was gibt es alles an Migrationsforschung unter dem Himmel. Dass in diesem Bereich einiges geforscht wird, ist uns allen schon klar. Entscheidend für die Meinungsbildung in diesem Haus ist doch, welche Fragestellungen verfolgt die Landesregierung. Wir werden auf der letzten Seite schließlich auf das „Sozialpolitische Gesamtkonzept“ der Landesregierung vertröstet, das Ende des Jahres vorgelegt werden soll.

Angesichts der Kürze der Zeit hätte eine solche Antwort nicht umfassend und abschließend sein müssen, aber der Bericht hätte zumindest eine Richtung erkennen lassen müssen, wie die Landesregierung gedenkt,  so ein Gesamtkonzept anzupacken.  Ist Schleswig-Holstein z.B. das Ziel bestimmter Migrantengruppen, oder gibt es diesbezüglich keine Unterschiede zu anderen Bundesländern? Worauf sollten sich die berührten Kommunen aufgrund vorliegender Erkenntnisse einstellen? Welche Integrationsmaßnahmen sind für die nach Schleswig-Holstein ziehenden Migrantengruppen die passenden?

Natürlich ist es möglich, Migrationsforschung einfach nur als Forschung zu betrachten. Aber vor dem Hintergrund der knappen öffentlichen Ressourcen sowie der zentralen Frage, wie wir in der Integrationspolitik überhaupt weiter kommen, geht kein Weg daran vorbei, konkreter zu werden. Das bisherige Integrationskonzept des Landes gibt aus Sicht des SSW ja auch schon einige Fragestellungen vor.

Erst wenn wir genauer darüber informiert sind, mit welchen Gruppen von Migranten wir es in den kommenden Jahren zu tun haben werden, wird es möglich sein, Maß geschneiderte Angebote - z.B. in Richtung Sprachförderung, Gesundheitsförderung  und berufliche Qualifizierung – vorzuhalten.

Zu den entscheidenden Fragen werden auch in den kommenden Jahren die Fragestellungen gehören, die mit der Integration von Migranten in den Arbeitsmarkt zu tun haben.  Zum einen geht es dabei um die Stellung der Migranten und ihrer Nachkommen auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Zum anderen nimmt die Migrationsforschung insgesamt die Auswirkungen von Arbeitsmigration auf Arbeitsmärkte und Lohnstrukturen der so genannten Zielländer in den Blick.

Dass mit Forschungsergebnissen – gerade, wenn es um das Spannungsfeld von Migranten und Arbeitsmarkt geht - auch Ängste und Schreckensbilder abgebaut werden können, zeigen die Diskussionen, die um das Zuwanderungsgesetz geführt wurden. Mit Hilfe der Migrationsforschung lässt sich u.a. belegen, dass der Einfluss von Migranten auf Arbeitsmärkte und Lohnstruktur oftmals überschätzt wird. Anders herum belegt sie aber auch, dass der Verbesserung der Bildungs- und Ausbildungssituation eine zentrale Rolle in jedem integrationspolitischen Konzept zukommt. Für den SSW heißt dies im Umkehrschluss, alle Migrantinnen und Migranten als das zu sehen, was sie sind: nicht Gäste in unserem Land, sondern Neubürger.

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