Rede · 26.09.2024 Pflegeberufe attraktiver machen!
„Medizinische Versorgung ist doch kein Friseurtermin. Wir reden hier über Therapien und Operationen, die im Idealfall den Weg zur Genesung der Patientinnen und Patienten verkürzen und ihr Leiden lindern!“
Christian Dirschauer zu TOP 11 - Bericht zur eingeschränkten Versorgung durch das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (Drs. 20/2324)
Auch wenn sich die Situation am UKSH mittlerweile entschärft hat, sind Engpässe in der pflegerischen Versorgung grundsätzlich kein neues Thema. Und nicht zuletzt, weil dies sowohl für die stationäre Krankenversorgung wie für die Altenpflege gilt, halte ich diese Debatte für wichtig. In beiden Bereichen erleben wir seit Jahren, dass Teile oder sogar ganze Bereiche vorübergehend geschlossen oder schlicht nicht betrieben werden können, weil das nötige Personal fehlt. Eine solche Situation ist aus meiner Sicht nicht nur ärgerlich, sondern inakzeptabel. Denn mit Blick auf die medizinische Versorgung reden wir nicht über einen Friseurtermin oder eine Wellnessbehandlung. Sondern wir reden über Therapien und Operationen, die im Idealfall den Weg zur Genesung der Patientinnen und Patienten verkürzen und ihr Leiden lindern.
Natürlich ist das, was wir über den Sommer am UKSH hier in Kiel gesehen haben, ein besonderer Fall. Denn das Uniklinikum hat als Maximalversorger ohne Frage eine Sonderstellung in unserer Krankenhauslandschaft. Wenn hier temporär bis zu zehn der 30 Säle im OP-Zentrum gesperrt waren, dann stimmt mich das nicht nur als Gesundheitspolitiker sorgenvoll. Denn auch wenn selbstverständlich nach Dringlichkeit der Eingriffe differenziert wird beziehungsweise wurde, bedeutet das eine massive Einschränkung der Versorgung. Diese Tatsache und auch die gewählten Lösungsansätze, nach denen Anästhesieärzte pflegerische Aufgaben übernommen haben, lassen wirklich tief blicken. Ich denke wir können daher ohne Übertreibung festhalten, dass wir hier vor erheblichen strukturellen Problemen stehen.
Laut Sprecher hat sich der Engpass im konkreten Fall des Universitätsklinikums Kiel über einen längeren Zeitraum aufgebaut und schließlich zugespitzt. Aber wenn wir uns die Situation in anderen Häusern anschauen, dann ist der Anteil von knapp zehn Prozent unbesetzter Stellen im pflegerischen Bereich leider keine Ausnahme. Wir alle wissen doch längst, dass Pflegekräfte nahezu überall im Land händeringend gesucht werden. Spätestens seit der Pandemie kann niemand mehr leugnen, dass weite Teile der Krankenhausversorgung auf Kante genäht und viel zu viele Beschäftigte an oder über ihrem Limit arbeiten. Dass noch dazu auch schwierige Situationen bis hin zu Schließungen an anderen Standorten zu einem erhöhten Patientenaufkommen bei den verbleibenden Häusern führen, kann kaum verwundern und verschärft diese Probleme zusätzlich.
Mir ist bewusst, dass sich auch eine Landesregierung kein Pflegepersonal backen kann. Aber aus meiner Sicht sollte man sich auch im zuständigen Ministerium intensiver mit der Frage befassen, wie man mehr Menschen für einen Job in der Pflege begeistern kann. Und wenn es um verbesserte Rahmenbedingungen in diesem Bereich geht, sind wir natürlich alle aufgefordert, entsprechend auf unsere Kolleginnen und Kollegen in Berlin einzuwirken. Hierfür ist es allerhöchste Zeit. Denn sonst wird das, was wir am UKSH gesehen haben, zum Normalfall und die Versorgung damit dauerhaft eingeschränkt. Und ein solches Szenario kann wohl niemand ernsthaft wollen.