Rede · 17.06.2004 Programm zur Verbesserung der Ausbildungsfähigkeit und Berufsorientierung

Eines möchte ich dieser von der CDU angestoßenen Debatte über die Ausbildungsfähigkeit und Berufsorientierung unser Jugendlichen voranstellen: Bei aller berechtigten Kritik dürfen wir nicht den Eindruck erwecken, das Problem der fehlenden Ausbildungsplätze liege hauptsächlich an schulischen und menschlichen Defiziten der Ausbildungssuchenden. Denn das ist ja so nicht richtig, wenn man sich die Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt in den letzten Jahren ansieht. Wo kein ausreichendes Angebot an Ausbildungsplätzen vorliegt, nützen auch die besten schulischen Leistungen und menschlichen Qualitäten der jungen Leute nichts.

Daher begrüßen wir, dass das Bündnis für Ausbildung in Schleswig-Holstein weitergeführt wird. Die Ausbildungsplatzabgabe, die auch der SSW abgelehnt hat, kommt erst einmal nicht, und daher fordern wir jetzt die Unternehmen im Lande auf, alles zu tun, um den beschlossenen Ausbildungspakt zwischen dem Bund und der Wirtschaft auch hier in Schleswig-Holstein umzusetzen. Es hat ja bereits positive Signale seitens des Handwerks und der Industrie gegeben, die Anzahl der Ausbildungsplätze dieses Jahr noch mal zu erhöhen. Auch das Sofortprogramm der Landesregierung für mehr Ausbildungsplätze greift bereits ganz gut.

Dennoch ist es richtig, wenn die CDU in ihrem Antrag eine Verbesserung der Ausbildungsfähigkeit in Schleswig-Holstein einfordert. Es ist ja kein Geheimnis, dass gerade aus dem Handwerksbereich viele Klagen über die schlechte Bildung und die fehlende Leistungsbereitschaft der Jugendlichen zu hören ist. Wenn im Handwerk über ein Drittel und in Handel und Industrie ein Fünftel der Auszubildenden ihre Lehre abbrechen, ist das sicherlich ein Alarmzeichen. Insgesamt geht die Bundesagentur für Arbeit davon aus, dass fast 15% der Jugendlichen aufgrund mangelnder Bildung nicht ausbildungsfähig und ausbildungswillig sind.

Obwohl die CDU also die Probleme richtig benennt, sind wir der Meinung, dass die Lösungsvorschläge des Antrages zu kurz greifen. Wieder einmal sieht die CDU eine Stärkung der Hauptschule als den Königsweg an. Der CDU-Spitzenkandidat Carstensen war schon mal weiter, als er im Frühjahr einen Zusammenschluss von Real- und Hauptschule befürwortete. Leider wurde er von den Gralshütern des gegliederten Schulwesens zurückgepfiffen, die einfach nicht einsehen wollen, dass die Hauptschule in einem modernen Schulsystem keine Zukunft hat.

Natürlich müssen wir die Qualität des Unterrichts für die Schülerinnen und Schüler in allen Schularten verbessern und das Angebot erweitern, um den schlechten Bildungsstandard vieler junger Menschen zu verbessern. Doch solange man als Hauptschüler schon ab der 5. Klasse als Verlierer abgestempelt wird, solange wird man diese Jugendlichen kaum für bessere schulische Leistungen oder für ein Engagement in der Ausbildung motivieren können. Ich will an dieser Stelle nicht wieder die PISA-Diskussion neu beginnen, aber das gegliederte Schulwesen trägt aus Sicht des SSW die Hauptschuld am schlechten Zustand des Bildungswesens in Deutschland. Hier müssen wir ansetzen, wenn wir wirklich etwas ändern wollen. Der Antrag von SPD und Bündnis90/Die Grünen beinhaltet leider auch nicht viel Neues in dieser Sache.

In der Frage der vielen zu früh abgebrochenen Ausbildungsverhältnisse muss man sich ernsthaft darüber Gedenken machen, ob das Duale Ausbildungssystem in seiner jetzigen Form noch zeitgemäß ist. Auch in dieser Diskussion hat der SSW schon oft den Blick nach Norden gewendet und darauf hingewiesen, dass ein modernes Ausbildungssystem flexibler sein muss. Was wir brauchen, ist u.a. eine stärkere Modularisierung von Ausbildungsgängen, damit die tüchtigen Azubis weiterkommen und die schwächeren einen Abschluss oder ein Zertifikat erhalten können. Die jetzige Duale Ausbildung muss auf jeden Fall reformiert und weiterentwickelt werden, damit sie der heutigen Zeit und den Anforderungen nicht nur der Wirtschaft, sondern auch der jungen Menschen entspricht.

In einem Punkt können wir aber der CDU folgen. Es wird in Zukunft immer wichtiger werden, dass auch die Arbeitsmarktkenntnisse der Lehrkräfte auf dem jeweils aktuellen Stand gebracht werden. Denn sie müssen die Schülerinnen und Schüler rechtzeitig auf die Berufsbedingungen vorbereiten und eine vernünftige Berufsberatung für alle Schüler sichern. Von daher unterstützen wir die Forderung, die Praxisanteile in der Lehrerausbildung auch stärker auf betriebspraktische Inhalte zu konzentrieren.

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