Rede · 13.12.2001 Schiffbauindustrie
Die Zukunft der maritimen Wirtschaft ist in höchstem Maße davon abhängig, ob eine Einigung mit Südkorea bezüglich der Subventionen in Containerschiffbau und bei der Herstellung von Fracht-schiffen erzielt werden kann. Die Erfahrung, die wir bis jetzt machen mussten, stimmen aber be-denklich. Es sieht nicht danach aus, als ob Südkorea überhaupt daran denkt, seine Subventionen einzustellen. Deswegen wird die EU-Kommission nicht um eine Klage bei der Welthandelsorgani-sation umhinkommen. Dem Bericht ist zu entnehmen, das ein solches Klageverfahren bis zu 2 Jahre dauern könnte.
Die Entscheidung hierüber ist allerdings wieder um ein Jahr verschoben worden. Deshalb ist für uns schon eines klar: Die Schiffbaubeihilfen müssen erst einmal weitergeführt werden. Wir können es uns nicht leisten, in der Hoffnung auf eine positive Entscheidung über die Klage vor der WTO, un-sere Arbeitsplätze bei den Werften zu gefährden. Wir müssen diese Arbeitsplätze so lange subventi-onieren, bis die Koreaner umgeschwenkt sind. Erst bei einem fairen Wettbewerb kann auf Subven-tionen verzichtet werden.
Gleichwohl ist es wichtig, die Subventionen auf den Bereich zu begrenzen, der nachweislich unter den Dumpingmethoden anderer Länder leidet. Deshalb sehe ich das Ansinnen Frankreichs, auch den Bau von Gastankern mit Schiffbauhilfen zu subventionieren, sehr kritisch. Die Franzosen wol-len nur eines: ein größeres Stück vom EU-Kuchen für sich. Diese Sichtweise gefährdet jedoch den Gesamtkuchen. Bisher ist nicht genau ermittelt, ob der Gastankerbau wirklich in gleicher Weise vom Problem des Dumpings betroffen ist.
Solange dies nicht klar ist, müssen wir davon ausgehen, dass dies eher nicht der Fall ist. Sollte die EU nun gegen Südkorea klagen, so hätte der Beklagte Südkorea möglicherweise ein stichhaltiges Argument für seine Schiffbausubventionen. Nämlich, dass die EU genau die gleiche Dumpingpoli-tik betreibe. Das Verhalten Frankreichs gefährdet somit die Erfolgsaussichten der Klage.
Wir stecken mitten in einem Dilemma. Die Franzosen sollten lieber nicht die Forderung nach der Subvention des Gastankerbaus erheben, aber gleichzeitig ist die EU ohne das Votum Frankreichs handlungsunfähig. Man wird den Franzosen wohl nachgeben müssen, um sich überhaupt noch die Option der Klage erhalten zu können. Alles in allem können wir somit feststellen, dass die Lage sehr unübersichtlich ist und wir möglicherweise auch in zwei Jahren noch nicht aus der vertrakten Lage herausgekommen sein werden.
Eines ist aber klar: die Forderung bleibt, dass die EU-Kommission Schiffsbaubeihilfen weiterhin zulassen muss und dass Bund und Land entsprechende Gelder zur Verfügung stellen. Im Bundes-haushalt 2002 sind 23 Millionen Euro eingestellt worden. Auch die Landesregierung hat in den letz-ten Jahren immer wieder, trotz knapper Kassen entsprechendes Geld bereitgestellt. Allerdings, auch dass darf nicht unerwähnt bleiben, hat die Landesregierung ihre Förderquote nicht komplett ausge-schöpft.
Die Forderung der Landesregierung, sowohl der Bund als auch das Land sollen jeweils die Hälfte der Schiffbaubeihilfen bezahlen ist berechtigt. Die Regelung 2/3 Land und 1/3 Bund ist nicht nur schwer finanzierbar, sondern sie wird auch der nationalen Bedeutung der Schiffbauindustrie nicht gerecht. Sowohl als eigener Industriezweig als auch als Grundlagenindustrie, die die Exportfähig-keit unseres Landes erst ermöglicht, hat die Schiffbauindustrie eine hohe Bedeutung.
Auch andere Wirtschaftszweige werden aufgrund ihrer nationalen Bedeutung entsprechend berück-sichtigt, obwohl ihr Einfluss nicht überall im Lande gleich hoch ist. Hier muss mit gleichem Maß gemessen werden. Daher unterstützt der SSW die Forderung der Landesregierung, nach der hälfti-gen Finanzierung der Schiffbaubeihilfen durch den Bund und das Land.
Aufgrund der Tatsache, dass Korea mit Dumpingpreisen vom bis zu 39% unter den tatsächlichen Baukosten am Markt agiert und vor dem Hintergrund, dass die Schiffbauindustrie erst rund ein Fünftel der Auftragseingänge gegenüber dem Vorjahr verzeichnen konnte, ist aber jetzt schon si-cher, dass wir als Land Schleswig-Holstein auch im kommenden Jahr soviel Schiffbaubeihilfen wie möglich auszahlen müssen, um die rund 7.000 Arbeitsplätze in der Schiffbauindustrie in unserem Land erhalten zu können. Hier steht die Landesregierung vor einer wichtigen und zugegebenerma-ßen auch teuren Aufgabe.
Schon in meiner letzten Rede zur maritimen Wirtschaft habe ich darauf hingewiesen, dass den Werften, lösgelöst von Problem der Schiffbauhilfen, dabei geholfen werden muss, ihre Produktion zu diversifizieren und vor allem ihnen zu helfen, Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zu reali-sieren, um so einen Marktvorteil zu erhalten. Gerade im zweiten Punkt, den Forschungs- und Ent-wicklungsvorhaben, hat sich einiges bewegt.
Derzeit gibt es 14 Forschungs- und Entwicklungsvorhaben in Schleswig-Holstein, die mit einem Gesamtfördervolumen von 4,6 Millionen Euro gefördert werden. Mit solchen Programmen wird die Grundlage dafür gelegt, dass die Schiffbauindustrie den weltweiten Wettbewerb in Zukunft meis-tern kann. Wir sollten sehr darauf achten, dass solche Projekte in den Betrieben und an den Hoch-schulen weiter vorangetrieben werden.
Wenn man von den Zukunftschancen der maritimen Wirtschaft spricht, muss man natürlich auf die Windenergie im allgemeinen und auf die Offshore-Windenergie im speziellen eingehen. Es gibt ja nicht viele Wirtschaftsbereiche von denen man sagt, dass Schleswig-Holstein hier absolut führend ist. Bei der Windenergienutzung und der Herstellung entsprechender Windkraftanlagen sind wir es. Deshalb begrüßen wir es außerordentlich, dass die Fachhochschule in Flensburg einen Studiengang für die Technik der erneuerbaren Energien eingerichtet hat und dass sich in Husum ein Bildungs-zentrum für erneuerbare Energien etabliert hat.
Beide Einrichtungen zeigen in welche Richtung sich das Rad dreht: in Richtung erneuerbare Ener-gien und vor allem in Richtung Windenergie. Der Offshore-Windenergie kommt hierbei eine her-vorgehobene Bedeutung zu. Dies hat die Landesregierung schon vor Jahren richtig erkannt.
Nicht nur, dass die Offshore-Windenergienutzung in der Deutschen Bucht eine wichtige Rolle in der Energieversorgung unseres Landes spielen könnte. Vor allem die Exportchancen für unsere Wirtschaft sind nicht zu unterschätzen. Heutzutage sind wir in der Lage, Windkraftanlagen mit bis zu 1,5 MW in relativ flachen Gewässern ohne Schwierigkeiten zu installieren. In Zukunft werden wir in der Lage sein, 5 MW-Anlagen weit draußen in der Nordsee in tiefen Gewässern zu installie-ren und über längere Zeiträume zu betreiben. Und ein Ende ist auch hier nicht absehbar. Wer die ra-sante Entwicklung der Windenergietechnik in den vergangenen Jahren beobachtet hat, weiß dass weitere Entwicklungssprünge auch in naher Zukunft nicht auszuschließen sind.
Unsere Aufgabe als Land Schleswig-Holstein wird es sein, die Entwicklung dieses Wirtschafts-zweiges positiv zu begleiten und aktiv zu fördern, damit wir unseren Vorsprung auf dem Weltmarkt erhalten und weiter ausbauen können. In der Offshore-Windenergie liegen enorme Exportchancen. Wir können hier langfristig der wirtschaftlichen Monostruktur im Lande entgegenwirken.
Selbstverständlich muss die Entwicklung der Offshore-Windenergie im Einklang mit der Natur ge-schehen und auch die Schiffsicherheit in der Deutschen Bucht muss Priorität haben. Aber wir soll-ten auch so ehrlich mit uns selbst sein und erkennen, dass beides keine unlösbaren Probleme sind und wir Windenergienutzung, Umweltbelange und Schiffssicherheit unter einen Hut bekommen können. Panikmache ist hier sicherlich fehl am Platze.
In diesem größeren Zusammenhang sehe ich auch dass Viking-Kabel. Durch dieses Hochspan-nungskabel in der Nordsee wird es möglich sein, Offshore-Windparks anschließen zu können und gleichzeitig Strom aus erneuerbaren Energien aus Skandinavien zu beziehen. Aus Deutschland könnte wiederum Kraftwerksstrom nach Skandinavien exportiert werden, um dortige Höchstlasten zu bedienen. Im Prinzip ist ein solches Kabel also nicht so schlecht wie man im ersten Moment denken könnte. Wichtig hierbei ist allerdings, dass auch hier der Schutz der Natur berücksichtigt wird und entsprechende Umweltverträglichkeitsverfahren durchgeführt werden.
Wir haben einen sehr umfangreichen und sehr aussagekräftigen Bericht erhalten, der auch die Chan-cen für die maritime Wirtschaft aufzeigt. Hierfür möchte ich mich ausdrücklich beim Wirtschafts-ministerium bedanken.