Rede · 18.06.2008 Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie
Nach langem und hartem Ringen wurde die EU-Dienstleistungsrichtlinie mit erheblichen Änderungen im Dezember 2006 verabschiedet. Der SSW hatte sich im diesem Prozess immer klar dafür ausgesprochen, dass die Dienstleistungsrichtlinie nicht dazu missbraucht werden darf, um die sozialen Standards in unserem Land auszuhebeln oder um Dumpinglöhne im Bereich der Dienstleistungen zu ermöglichen. Deshalb hatten wir uns gegen die Einführung des so genannten Herkunftslandsprinzips ausgesprochen. Der ursprüngliche Entwurf der EU-Richtlinie sah vor, dass Arbeitsnehmer EU-weit jeweils nach den Tarifen ihres Heimatlandes entlohnt werden sollten.
Damit wären Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein massiv durch Billigkonkurrenz aus dem europäischen Ausland bedroht worden. Der Landtag und die Landesregierung hatten sich deshalb klar gegen die damalige Version der EU-Richtlinie ausgesprochen und wir hatten gemeinsam mit vielen europäischen Gewerkschaften Erfolg. Die abgespeckte Version wurde ohne das Herkunftsland-Prinzip beschlossen.
Das heißt: es gibt zwar in der EU-Dienstleistungsrichtlinie Erleichterungen für die Niederlassung von Dienstleistungsbetrieben in ganz Europa, aber sie müssen sich überwiegend an die Bestimmungen, Standards und Gesetze der jeweiligen Länder halten. Das ist aus Sicht des SSW auch in Ordnung so. Wir haben nichts gegen internationalen Wettbewerb, aber er muss mit fairen Mitteln und zu gleichen Bedingungen von der heimischen Wirtschaft geführt werden können.
Die Dienstleistungsrichtlinie soll bis zum 28. Dezember 2009 von den EU-Mitgliedstaaten umgesetzt worden sein. Die Richtlinie befasst sich im Wesentlichen mit Fragen der Verwaltungsvereinfachung für Unternehmen, die eine Dienstleistungstätigkeit in EU-Ausland ausüben wollen. Wichtig ist hierbei vor allem die Einrichtung eines einheitlichen Ansprechpartners, der über die erforderlichen Verfahren und Formalitäten sowie notwendigen Genehmigungen dieser Unternehmen Auskunft geben kann. Vor allem soll dies auch vollständig elektronisch abrufbar sein. Wer sich den Bericht der Landesregierung zum E-Goverrnment vor Augen führt weiß, dass wir hier in Schleswig-Holstein in diesem Bereich noch einigen Nachholbedarf haben.
Interessanterweise haben sich bereits die IHK´s und Handwerkskammern aus Schleswig-Holstein in einem Brief an den Ministerpräsidenten gewandt, um sich als einheitlicher Ansprechpartner zu bewerben. Auch aus Sicht des SSW macht es Sinn, dass die regionalen Wirtschaftskammern mit dieser wichtigen Aufgabe betraut werden. Zum einen haben sie bereits heute die entsprechenden Kontakte zu möglichen ausländischen Dienstleistungsunternehmen und zum anderen verfügen sie über entsprechend qualifiziertes Personal zur Betreuung dieser Unternehmen.
Wir können uns zum Beispiel sehr gut vorstellen, dass die IHK Flensburg als einheitlicher Ansprechpartner für dänische und skandinavische Dienstleistungsunternehmen fungiert. Allerdings müssen die Verwaltungen der kreisfreien Städte und Landkreise sowie in unserer Region auch das Infocenter Grenze in diesen Prozess natürlich mit einbezogen werden.
Ein anderer wichtiger Aspekt der Umsetzung der Richtlinie ist die Frage, dass die Informationen in den am weitesten verbreiteten Gemeinschaftssprachen und in Gemeinschaftssprachen mit regionalem Bezug zum Land Schleswig-Holstein angeboten werden. Hier bietet sich aus Sicht des SSW natürlich Dänisch als zusätzliches Sprachangebot für Unternehmen aus unserem nördlichen Nachbarland an und auch hier spricht viel für die regionalen Kammern, die bereits zum Teil über dänischsprachiges Personal verfügen.
Egal welche Lösung man am Ende wählt, entscheidend ist aber für den SSW, dass die Unternehmen einen realen einheitlichen Ansprechpartner im Sinne eines Verfahrensmanagers bekommen, der auch Befugnisse gegenüber Behörden hat. Gerade dies ist aber ein Problem bei der Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie, auf das die FDP mit ihren Antrag aufmerksam machen will. Denn der bisherige Bund/Länder-Musterentwurf für das Gesetz zur verwaltungsverfahrensrechtlichen Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie geht scheinbar in die Richtung, dass es zwar einen formalen Ansprechpartner geben soll, aber dass dieser quasi nur als Poststelle für andere Behörden eingerichtet werden soll.
Am Ende würde es ein ausländischer Unternehmer dann also doch wieder mit vielen verschiedenen Zuständigkeiten zu tun haben. Dies ist kaum im Sinne der Erfinder der EU-Dienstleistungsrichtlinie und daher kann der SSW den Antrag der FDP unterstützen.