Rede · 08.10.2008 Umsetzung der Kompetenzanalyse „Minderheiten als Standortfaktor“

Die im Herbst 2006 bei der Europäischen Akademie Bozen (kurz: EURAC) in Auftrag gegebene Kompetenzanalyse „Minderheiten als Standortfaktor in der deutsch-dänischen Grenz¬region“ hatte das Ziel, einmal zu beleuchten, welche Vorteile für die Regional¬entwicklung sich aus der kulturellen Vielfalt des deutsch-dänischen Grenzlandes ergeben.

Die Ergebnisse sind klar: Die Minderheiten stellen einen großen Wert für die Region dar –einen „Mehrwert“ sozusagen, der stärker für die gesamte Region genutzt werden sollte. Die entsprechenden Empfehlungen lauten daher: Die Minderheiten müssen verstärkt in die regionalen Wirtschaftsentwicklungsstrategien einbezogen werden - zum Beispiel, wenn es um INTERREG-Zusammenarbeit geht. Auch der interkulturelle Dialog in der Grenzregion muss besser gefördert werden, damit zum einen das Wissen rund um die Minderheiten im Bildungs- und Wirtschaftsbereich stärker berücksichtigt werden kann. Zum anderen gilt es, dieses Wissen innerhalb und außerhalb der Region besser zu transportieren und in der Außendarstellung der Grenzregion stärker zu berücksichtigten. – Um nur einige zentrale Punkte zu nennen. Insgesamt unterbreitet die Studie 40 einzelne Empfehlungen.

Nachdem die Analyse vorgelegt wurde, sind Anstrengungen unternommen worden, diese Erkenntnisse einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen. Am 5. März 2008 stellte Landtagspräsident Kayenburg die Expertise in einer Pressekonferenz der schleswig-holsteinischen Öffentlichkeit vor. Am 16. Juni 2008 wurde die Kompetenzanalyse am in einer großen Veranstaltung im Deutschen Bundestag debattiert, an der unter anderem Bundestagspräsident Lammert teilnahm. Auf dänischer Seite wird sie entsprechend am 17. November im dänischen Folketing einer breiteren dänischen Öffentlichkeit präsentiert. Und auch eine Vorstellung bei der EU in Brüssel ist geplant.

Nachdem die Erkenntnisse und Empfehlungen nunmehr publik gemacht wurden, ist es an der Zeit, die politischen Konsequenzen daraus zu ziehen. Der Europaausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtages hat sich bereits am 4. April damit befasst und das „DialogForum Norden“ gebeten, Vorschläge zur Umsetzung der genannten Empfehlungen zu erarbeiten. In diesem Forum haben sich die nationalen Minderheiten und Volksgruppen in Schleswig-Holstein und Dänemark sowie Institutionen, Organisationen und Politiker zusammengeschlossen, um sich gegenseitig zu informieren und bei Bedarf gemeinsam Position zu beziehen. Am 24.September hat die Minderheitenbeauftragte Caroline Schwarz als Vorsitzende des DialogForums dem Europa-Ausschuss einen schriftlichen Entwurf zur weiteren Arbeit mit der EURAC-Studie zugeleitet.

Da die Kompetenzanalyse vom Landtagspräsidenten in Auftrag gegeben wurde, ist sie ein Gutachten des Schleswig-Holsteinischen Landtages. Letztlich ist für die Umsetzung aber ein aktives Handeln der Exekutive erforderlich. Deshalb haben wir mit diesem Antrag auch die Landesregierung gebeten, dem Landtag darzulegen, welche Konsequenzen sie aus der Expertise zieht. Nur durch eine aktive Mitarbeit der Regierung an diesem Projekt erreichen wir, dass das Potential der nationalen Minderheiten im deutsch-dänischen Grenzland ein echter regionaler Standortfaktor wird.

Die aus der Kompetenzanalyse abgeleiteten Vorschläge des DialogForum Nordens sehen vor, dass die Einrichtung eines „Minderheiten¬clusters“ im nördlichen Schleswig-Holstein geprüft werden soll, der sich besonders auf die Vermittlung von Erfahrungen an Konfliktparteien aus Krisengebieten, auf die grenzüber¬schreitende Zusammenarbeit der Universitäten Flensburg, Kiel und Sønderborg sowie auf die Erstellung eines grenzüberschreitenden Regionsprofils bezieht. Darüber hinaus sieht der SSW aber auch die Notwendigkeit und die Chance, die Minderheiten¬kompetenzen in den bestehenden wirtschaftspolitischen Schwerpunktsetzungen der Landesregierung zu berücksichtigen – vor allem in den Bereichen Tourismus, Energiepolitik und Bildungspolitik. Nicht ohne Grund wird die Bedeutung der Minderheiten für wirtschafts¬politische Wachstumsstrategien, Entwicklungsforen, Unternehmensvorhaben und das Tourismusmarketing in der EURAC-Studie an erster Stelle hervorgehoben. Wir erwarten daher, dass die Landesregierung längerfristig ein Konzept entwickelt, wie dieser Ansatz in die gesamte Landespolitik implementiert werden kann. Hier und heute erwarten wir, dass die Landes¬regierung die Chance nutzt, die ihr mit dieser Kompetenzanalyse in den Schoß gefallen ist.

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