Rede · 26.09.2018 Unser Ideal bleibt die kosten- und barrierefreie inklusive Bildung
Jette Waldinger-Thiering zu TOP 20 - Inklusive Bildung ist ein Menschenrecht
Überschriften werden bewusst gesetzt. Sie sollen für die Gesamtheit der Aussagen des Textes stehen.
Wir haben zum Beispiel mal eine Pressemitteilung mit dem Titel „Frühkindliche Bildung ist kein Luxus“ herausgegeben. Oder, erst kürzlich: „Alle Kinder haben ein Recht auf Bildung und ein selbstbestimmtes Leben“.
Oder, um es einmal mit einer unserer Überschriften auf den Punkt zu bringen: „Bildung für alle ist der Schlüssel für eine gerechte Gesellschaft“.
Alleine anhand dieser Überschriften ließe sich das Bildungsideal des SSW erklären.
Und deswegen ist es eben nicht übertriebene Wortklauberei, wenn wir die Pressemitteilung der Bildungsministerin, deren Überschrift mindestens unglücklich gewählt ist, nutzen, um gemeinsam klarzustellen, wohin die Reise eigentlich geht.
Wie wir in den bisherigen Äußerungen gehört haben, lässt sie sich nämlich durchaus unterschiedlich verstehen.
Wenn die Bildungsministerin schreibt, Inklusion sei kein Selbstzweck und damit ist gemeint, dass es nicht ausreicht, Kinder und Jugendliche mit besonderen Bedarfen in Regelschulen zu beschulen, ohne dass diese auf die neuen Bedarfe eingestellt sind, dann sind wir uns einig. Weil es dann um die qualitative Weiterentwicklung inklusiver Bildung geht.
Und wenn die Bildungsministerin sagt, dass Schleswig-Holstein als Vorreiter-Bundesland mit den höchsten Inklusionsquoten gelten kann, dann sind wir uns auch da einig, da gibt es ja auch gar nicht viel zu diskutieren, das hat uns die Bertelsmann-Stiftung immer wieder bestätigt.
Wenn sie sich aber dazu hinreißen lässt, den Vorwurf an die Vorgängerregierung zu richten und von Versäumnissen der Vergangenheit spricht, dann denke ich verbittet sich einfach jede rückwärtsgerichtete Kritik. Die Küstenkoalition hat nun wirklich getan, was in ihrer Macht stand, um Inklusion an Schulen umzusetzen. Mit den Mitteln, die wir zur Verfügung hatten.
Wir haben an einem inklusiven Schulsystem gearbeitet, das genau nicht trennt und aussortiert. Eines, bei dem Kinder nicht in Schubladen gesteckt werden und ihnen alleine dadurch schon der Lebensweg vorgezeichnet wird. Gleichzeitig haben wir immer betont, dass in den Förderzentren unseres Landes wichtige und hervorragende Arbeit geleistet wird. Wir haben nie in Frage gestellt, dass wir die Strukturen der Förderzentren aufrechterhalten müssen, auch um eine tatsächliche Wahlfreiheit für die Eltern sicherzustellen.
Die Bildungspolitik der Küstenkoalition hat weitgehend den Idealen des SSW entsprochen, aber wir haben uns damit auch ganz trocken an geltendes Recht gehalten. Das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sieht vor, dass ein inklusives Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen gewährleistet werden. Das bedeutet, dass Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund ihrer Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden dürfen.
Wenn die Bildungsministerin der Jamaika-Koalition das nun fortführen will, dann wären wir prinzipiell ganz auf Ihrer Seite, aber jährlich 70 Stellen für sonderpädagogische Kräfte und die Aufstockung der Studienplätze für Sonderpädagogik von 120 auf 170 ist bei der derzeitigen Haushaltslage doch etwas unambitioniert.
An unseren Dänischen Schulen ist der Leitsatz, dass jedes Kind verschieden ist und verschiedene Bedarfe hat. Die Lehre und der gesamte Schulalltag soll darauf ausgerichtet sein, dass den unterschiedlichen Herausforderungen der Kinder im und außerhalb des Unterrichts begegnet wird. Es ist vollkommen klar, dass unser Ziel einer möglichst umfassenden Inklusiven Beschulung bei höchstmöglicher Qualität, also eine Klasse, ein Pausenhof, gemeinsame Aktivitäten nach der Schule, nicht von heute auf morgen erreicht werden kann. Aber wir stehen für eine kosten- und barrierefreie inklusive Bildung von der Kita bis zur Uni und im Sinne der Weiterbildung auch darüber hinaus. Das ist und bleibt unser Ideal.