Rede · 24.02.2017 Versorgungsqualität und Prävention weiter stärken, um Leid zu verringern
Rede zu Protokoll gegeben.Flemming Meyer zu TOP 67 - Psychiatriebericht 2016
Ich habe für meine Partei regelmäßig betont, dass wir die Weiterentwicklung der psychiatrischen Versorgungslandschaft für eine ungemein wichtige und unverändert dringliche Aufgabe halten. Denn auch der sehr umfangreiche Bericht zeigt ganz eindeutig, dass psychiatrische Angebote insgesamt immer stärker in Anspruch genommen werden. Dass was wir schon in den Debatten zur Fortschreibung des Psychiatrieplans gesagt haben, gilt unverändert: Unser aller Anspruch sollte es sein, psychiatrische Hilfen nicht nur gemeindenah vorzuhalten, sondern diese Hilfen auch so vielfältig zu gestalten, wie es die psychischen Erkrankungen nun einmal sind. Das Angebot muss also mit den unterschiedlichen Krankheitsbildern und den unterschiedlichen Bedürfnissen der Betroffenen Schritt halten.
Die steigende Zahl psychiatrischer Behandlungen zeigt mir aber auch, dass wir uns zum Beispiel in Sachen Prävention und bei der Gesundheitsförderung durchaus verbessern können. Verstärkte Maßnahmen in diesem Bereich verringern nicht nur die erheblichen Kosten, die durch Arbeitsunfähigkeit und Frührente in Folge psychischer Erkrankungen entstehen. Sondern sie helfen vor allem auch, menschliches Leid für Betroffene und Angehörige zu vermeiden oder zumindest zu verringern. Und auch das sollte in unser aller Interesse sein.
Auch wenn im Bericht mehrfach betont wird, dass die Häufigkeit von Erkrankungen in den vergangenen Jahren relativ stabil geblieben ist, ist die Zunahme der Fehlzeiten und bei Frühberentungen und Schwerbehinderungen besorgniserregend. Auch die Tatsache, dass jeder dritte Erwachsene und jedes fünfte Kind in Deutschland früher oder später mit Störungen und psychischen Auffälligkeiten zu kämpfen hat, ist und bleibt erschreckend. Besonders schlimm finde ich, dass Betroffene noch dazu ein erhöhtes Risiko für organische Folgeerkrankungen wie Schlaganfall oder Diabetes haben. Deshalb ist es aus meiner Sicht so wichtig, diesen Menschen so früh wie möglich zu helfen.
Keine Frage: Seit der letzte Bericht zur psychiatrischen Versorgung in Form des Psychiatrieplans 2000 vorgelegt wurde, ist viel passiert. Maßgeblich für die Entwicklung der Versorgungslandschaft waren die Kommunalisierung, die zunehmende Privatisierung und nicht zuletzt rechtliche Veränderungen. Nach meiner Einschätzung ist die zunehmend dezentrale, gemeindenahe Angebotsstruktur für die meisten Patienten ein Fortschritt. Denn die möglichst wohnortnahe Versorgung hat gerade für psychisch kranke Menschen eine große Bedeutung. Auch viele der Gesetzesänderungen hatten und haben zum Ziel, die Situation von psychisch erkrankten Menschen zu verbessern. Diese Entwicklung begrüßt der SSW deshalb ausdrücklich.
Die Tatsache, dass unsere psychiatrischen Kliniken bis auf wenige Ausnahmen in privatrechtlichen Rechtsformen betrieben werden, sehen wir dagegen deutlich kritischer. Gerade mit Blick auf die Qualität haben wir mit Privatisierungen im Gesundheitsbereich ja selten gute Erfahrungen gemacht. Der Hinweis im Bericht, dass es gerade bei der stationären psychiatrischen Versorgung eine Grenze für Einsparpotentiale gibt, ist aus Sicht des SSW jedenfalls mehr als angebracht. Denn ganz ohne Frage sind der persönliche Kontakt und die Betreuung durch Ärzte und Pflegepersonal für psychisch kranke Patienten ganz besonders wichtig. Deshalb brauchen wir dringend Mindeststandards für die Personalausstattung, wie sie im entsprechenden Bundesgesetz ja auch geplant sind.
Wie erwähnt, wurden in den vergangenen Jahren ganz wesentliche Aufgaben vom Land an die Kommunen übertragen. Dieser Wandel hat bekanntlich auch dazu geführt, dass es im Bereich der psychiatrischen Versorgung keine originäre Landesplanung mehr gibt. Das heißt aber nicht, dass sich Landespolitik hier aus der Verantwortung ziehen kann. Für uns hat die Versorgung psychisch kranker Menschen einen unverändert hohen Stellenwert. Und wir werden uns deshalb weiter für eine qualitativ hochwertige Versorgung und eine Stärkung präventiver Angebote einsetzen.