Rede · 21.07.2016 Wir müssen jetzt den Klimaschutz in alle Politikbereiche einbinden
Flemming Meyer zu TOP 16+56 - Gesetzentwurf zur Energiewenden und zum Klimaschutz, Energiewende und Klimaschutz in Schleswig-Holstein – Ziele, Maßnahmen und Monitoring 2016
„Besonders wichtig ist, dass die Landesregierung ihre Vorbildfunktion ohne Wenn und Aber anerkennt; schließlich kann man von Anderen nichts verlangen, was man selbst zu tun nicht bereit ist.
Dieser Sommer hat es in sich: wir erlebten in Schleswig-Holstein Starkregen und Gewitter, wie sie in dieser Art und Weise die bisherigen Aufzeichnungen der Wetterereignisse nicht vorkommen. Die Fachleute erkennen diese Phänomene als Hinweise auf den Klimawandel – eindeutig. Das Problem ist erkannt. Die gravierenden Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen und auf Natur und Umwelt sind nicht länger zu leugnen.
Problem erkannt – Gefahr gebannt, möchte man meinen. Aber das ist keineswegs so. Denn die Ursachen des Klimawandels sind vielfältig, was eine abwartende Haltung begünstigt. Wir können aber nicht länger warten, sondern müssen jetzt daran gehen, den Klimaschutz in alle Politikbereiche einzubinden. Der vorliegende Gesetzentwurf soll die Maßnahmen konkretisieren und festlegen. Das tut er, indem er unter anderem lang umstrittene Begriffe definiert, die nicht länger als Gummiparagraphen durchgehen können. Damit reiht sich Schleswig-Holstein in die Klimaschutzgesetzgebung anderer Bundesländern wie Baden-Württemberg und Niedersachsen ein. Das ist das richtige Signal.
Besonders wichtig ist, dass die Landesregierung ihre Vorbildfunktion ohne Wenn und Aber anerkennt; schließlich kann man von Anderen nichts verlangen, was man selbst zu tun nicht bereit ist. Daher sind die entsprechenden Passagen ausdrücklich zu begrüßen. Seitdem sich herumgesprochen hat, dass man durch klimafreundliches Bauen sogar richtig Geld sparen kann, werden auch in der Gebäudewirtschaft des Landes diese Ziele umgesetzt. Am besten geschieht das natürlich bei Neubauten; dennoch ist auch der Bereich der energetischen Sanierung nicht zu unterschätzen. Auch im Fahrzeugpark vermute ich noch erhebliche energetische Reserven.
Dass Klimaschutz nicht nur mittels Wärmedämmung oder Nahverkehr umzusetzen ist, sondern auch im IT-Bereich, ist zwar bekannt, aber erst im vorliegenden Gesetzentwurf thematisiert. Hier legt Schleswig-Holstein wirklich Maßstäbe. Die allermeisten Server der Landesregierung werden nämlich überwiegend zu den gängigen Bürozeiten genutzt. Ich habe nachgeschlagen, wonach man generell davon ausgeht, dass Server, die rund um die Uhr laufen, durchschnittlich nur zu 10 bis 20 Prozent ausgelastet sind. Das ist eine richtige Energievergeudung. Neue, arbeitsteilige Verfahren senken den Energieverbrauch der Server enorm. Ich begrüße ausdrücklich, dass die Landesregierung auch in diesem Bereich eine Vorreiterrolle übernehmen will. Ich bin gespannt auf die Ergebnisse. Diese werden nicht lange auf sich warten lassen; schließlich werden Klimaschutzmaßnahmen durch das an das Gesetz gekoppelte Monitoring-Verfahren erfasst. Auch das ist ausdrücklich zu begrüßen. Ich wünsche mir an dieser Stelle aber mehr Zahlen zu Verbrauch, Investitionssummen und Erträgen.
Die Kommunen werden ebenfalls in den Prozess eingebunden. Einige Gemeinden haben sich in Schleswig-Holstein schon sehr ehrgeizige Klimaschutzziele gesetzt. So hat sich beispielsweise Flensburg vorgenommen, bis 2050 CO2 neutral zu wirtschaften und zu leben. Ganz unterschiedliche Akteure denken sich dabei gute Aktionen aus, wie das kostenlose Frühstücksbrötchen für alle, die mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren. Andere Kommunen sind noch lange nicht so weit. Hier müssen wir ansetzen. Und genau das tut das Klimaschutzgesetz. Die kommunalen Wärme- und Kältepläne beinhalten dabei nicht nur kommunale Gebäude wie das Rathaus oder die Schulen, sondern sollen ausdrücklich private und gewerbliche Verbraucher mit einbeziehen. Letztlich existieren schon lange Pläne für ein Wärmekataster, das den Kommunen ein effizientes Planungsinstrument an die Hand geben wird. Neubaugebiete aus den 70er Jahren haben beispielsweise einen größeren Energiesanierungsbedarf als frisch bezogene Gebiete, in denen die Fassaden, Fenster und Decken bereits energetisch auf dem neuesten Stand sind.
Das Klimaschutzgesetz setzt einen guten Weg fort. Die Energie- und Klimaschutzinitiative hat bereits Kommunen beraten; die Investitionsbank, die Aktivregionen haben Programme aufgelegt; nicht zuletzt, weil EFRE-Programme die kommunalen Vorhaben finanziell unterstützen. Allerdings müssen wir auch in diesem Bereich bedenken, dass nur langfristige Lösungen nachhaltige Strukturänderungen bewirken können. Kommunale Ziele des Klimawandels sollten so angelegt sein, dass sie den Wechsel eines Oberbürgermeisters oder Verwaltungschefs überdauern. Ich bin gespannt, inwieweit das in Schleswig-Holstein gelingen kann.