Rede · 24.03.2017 Wir werden CETA in der jetzigen Form nicht zustimmen
Lars Harms TOP 58 - Transatlantisches Freihandelsabkommen CETA stoppen
„Die Tatsache, dass man hier heimlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt hat und erst nach öffentlichem Druck bereit war, Dokumente zu veröffentlichen, hat berechtigte Skepsis hervorgerufen.“
Die Verhandlungen über CETA zu bewerten, ist gar nicht so einfach. Dies liegt nicht so sehr in Freihandelsabkommen an sich begründet, sondern in der besonderen Situation, dass wir derzeit die Zustände haben, die sich weder die Befürworter noch die Gegner von CETA wünschen. Derzeit haben wir keine klaren Regelungen und keine gemeinsamen Rechtsgrundlagen in Bezug auf den Handel zwischen Kanada und der EU. Gibt es Streitigkeiten, können Investoren vor dem Schiedsgericht des Internationalen Zentrums zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten in Washington klagen. Hier entscheiden nicht zwingend Richter und in diesem nicht-öffentlichen Verfahren gibt es auch keine Berufungsmöglichkeit. Und, ob dieses Gremium auf Basis von kanadischem oder europäischem Recht entscheidet ist auch ungewiss.
Dieser Mechanismus sollte ursprünglich auch bei CETA beibehalten werden. Erst nachdem Bürgerinitiativen sich massiv dagegen gewandt und für Öffentlichkeit der Verhandlungen gesorgt haben, hat es hier Bewegung gegeben. Das Bundeswirtschaftsministerium hat im letzten Jahr mitgeteilt, dass für CETA ein eigenes Schiedsgericht eingerichtet werden soll, das paritätisch mit Richtern besetzt wird. Dieses Schiedsgericht soll öffentlich tagen und es würde dann auch dort eine Berufung möglich sein. Das ist ein riesiger Erfolg der Kritiker.
Ähnliches gilt für den Zustimmungsvorbehalt des EU-Parlaments und der nationalen Parlamente, die vorher nicht vorgesehen waren. Ursprünglich sollte das Abkommen ein Abkommen der Regierungen sein, jetzt werden auch die Parlamente einbezogen. Der Erfolg ist sogar umso größer, als auch unser Bundesverfassungsgericht am 12.01. dieses Jahres vorgegeben hat, dass CETA nicht ohne zeitliche Begrenzung gelten darf und entsprechend kündbar sein muss. Ohne diese Bedingung zu erfüllen, darf das Abkommen nicht unterschrieben werden. Man kann also sehen, die Arbeit der kritischen Menschen hat sich gelohnt.
Trotzdem ist das Abkommen aber immer noch nicht reif für eine Zustimmung. Der Landtag hat in seinen Beschlüssen eine Vielzahl von Bedingungen genannt, die zu einem Teil auch erfüllt werden. Zum anderen Teil werden sie aber immer noch nicht erfüllt. Zwar ist die Daseinsvorsorge aus dem Abkommen ausgenommen, wenn die Staaten diese selbst erledigen. Das sieht eine Liste in Anlage 2 zum Abkommen so vor. Aber diese so genannte Negativliste, schließt nicht aus, dass doch noch einmal ein Bereich vom Abkommen umfasst wird, von dem wir heute noch gar nicht wissen, dass dieser einmal zur Daseinsvorsorge zählen wird. Deshalb ist es immer noch notwendig, dass in einer Positivliste genau aufgezählt wird, für welche Bereiche das Abkommen gelten soll, wodurch dann alle anderen Bereiche automatisch ausgeschlossen wären.
Auch bei der öffentlichen Auftragsvergabe dürfen zwar sozial-ökologische Kriterien angewendet werden. Aber nur, wenn sie kein „unnötiges Handelshemmnis“ darstellen. Diese Einschränkung macht die Kriterien angreifbar, da dieser Begriff nicht definiert ist. Unklar bleibt auch, welche Sanktionen es geben soll, wenn Investoren die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern verletzen, sowie unsere Sozial- und Umweltstandards nicht einhalten. Kein Wunder, dass der DGB hier zu dem Schluss kommt, dass die Regelungen unzureichend sind, seine Bedenken auszuräumen.
Ein dritter Punkt ist das so genannte Vorsorgeprinzip. In Europa müssen Lebensmittel oder Medikamente auf ihre Ungefährlichkeit hin getestet werden und erst bei einer erwiesenen Ungefährlichkeit dürfen diese zugelassen werden. In Kanada ist es genau anders herum. Hat man nicht bewiesen, dass ein Produkt schädlich ist, gilt es erst einmal als unschädlich. Wir sehen hierin ein Sicherheitsrisiko und wollen deshalb am Vorsorgeprinzip festhalten.
Dies sind nur drei kritische Punkte und es lassen sich sicherlich noch weitere Punkte finden. Das CETA-Abkommen ist gewiss durch den Druck der Bürgerinnen und Bürger besser geworden. Perfekt ist es aber noch nicht. Die Tatsache, dass man hier heimlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt hat und erst nach öffentlichem Druck bereit war, Dokumente zu veröffentlichen, hat berechtigte Skepsis hervorgerufen. Hier ist viel Vertrauen verspielt worden. Und Vertrauen gewinnt man bloß mit Transparenz und mit Entgegenkommen gegenüber den Bürgern zurück.
In der derzeit vorliegenden Form erfüllt CETA die Anforderungen an ein faires Handelsabkommen noch nicht. Zustimmen kann der SSW dem Abkommen unter den derzeitigen Bedingungen deshalb nicht!