Rede · 25.04.2018 Zyniker bei der Arbeit
Flemming Meyer zu TOP 05 + 38 - Gesetz zur Aufhebung des Landesmindestlohnes / Antrag zur Anpassung des Mindestlohnes
„Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden die Zügel nun weiter angezogen und Jamaika macht deutlich, was sie von fairen Löhnen im Niedriglohnsektor hält.“
Richtig ist, dass von Seiten der Wirtschaft immer wieder kritisiert wurde, dass in Schleswig-Holstein drei Mindestlöhne gelten und dass deren Umsetzung und Durchführung zu kompliziert und bürokratisch seien. Die Komplexität im Bezug auf die Einhaltung des Bundesmindestlohnes, des Landesmindestlohnes oder des vergaberechtlichen Mindestlohnes sehe ich hier nicht. Tariflich vereinbarte Löhne werden in anderen Berufen auch gezahlt und jeder Arbeitgeber weiß doch, ob er Landeszuschüsse bekommt oder nicht und damit weiß er dann auch, welche Löhne er mindestens zu zahlen hat.
Aber sei es drum, diesen Aspekt der Wirtschaft haben CDU und FDP immer wieder aufgegriffen und ihr das Wort geredet. Daher überrascht es jetzt auch nicht wirklich, dass die Landesregierung nun den Gesetzentwurf zur Aufhebung des Landesmindestlohnes vorlegt.
Mit der Ablehnung der tariflichen Anpassung des vergaberechtlichen Mindestlohnes, fand bereits die erste Zäsur an der Mindestlohn-Front statt. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden die Zügel nun weiter angezogen und Jamaika macht deutlich, was sie von fairen Löhnen im Niedriglohnsektor hält. Denn genau über diesen Bereich des Lohnsektors reden wir. Es geht hier nicht um Spitzengehälter, sondern um Gehälter der untersten Lohnstufen.
Als Küstenkoalition haben wir Ende 2013 unter anderem den Landesmindestlohn eingeführt. Es wurde seinerzeit festgelegt, dass er bei 9,18 Euro brutto je Zeitstunde liegen soll. Mit dem Zusatz, „solange die Landesregierung keinen höheren Mindestlohn nach Absatz 2 festlegt.“ Wie wir wissen, hat sich seitdem – also seit rund viereinhalb Jahren – an der Höhe des Landesmindestlohnes nichts geändert. Nun kann man uns natürlich vorwerfen, dass wir es selbst in der Hand hatten, dies zu tun und diesen Vorwurf müssen wir uns gefallen lassen.
Für den SSW kann ich sagen, dass wir es begrüßt hätten, wenn es gelungen wäre, den Landesmindestlohn regelmäßig zu erhöhen, so wie wir es auch beim vergaberechtlichen Mindestlohn getan haben.
Für uns macht es keinen Unterschied, ob das Land als Vergabestelle für einen öffentlichen Auftrag einen Mindestlohn vorschreibt oder ob der Mindestlohn an die Vergabe öffentlicher Mittel gekoppelt ist. Für beide gilt, es sind öffentliche Gelder, die an Unternehmen oder Einrichtungen gehen und damit hat das Land die Möglichkeit entsprechende Bedingungen – auch an den Lohn – zu stellen.
Mit der geplanten Aufhebung des Landesmindestlohngesetzes vergibt das Land die Möglichkeit sich weiterhin für faire und existenzsichernde Löhne einzusetzen. In der Begründung des Entwurfs wird darauf verwiesen, dass der Bundesmindestlohn zum 1. Januar 2019 voraussichtlich seine nächste Anpassung erfährt. Darüber hat die Mindestlohnkommission aber noch zu entscheiden. Jedoch wird derzeit davon ausgegangen, dass es eine Erhöhung von 8,84 Euro auf 9,19 Euro geben wird.
Nun könnte man natürlich geneigt sein zu sagen, dass Betroffene somit keine Schlechterstellung erfahren – wer zynisch ist, verweist sogar auf einen Cent mehr die Stunde.
Doch wie gesagt, bereits seit Ende 2013 liegt der Landesmindestlohn bei 9,18 Euro. Mit dem angestrebten Wechsel zum Bundesmindestlohn wären die in den Raum gestellten 9,19 Euro für zwei weitere Jahre festgelegt, also bis 2021. Sollte dies so eintreffen, würden die Betroffenen dann gut sieben Jahre lang einen Bruttostundenlohn von 9,18 Euro beziehungsweise 9,19 Euro erhalten. Das ist unzumutbar, weil es im Verhältnis zur allgemeinen Preisentwicklung eine Verschlechterung darstellt und das sage ich auch vor dem Hintergrund der derzeitigen guten konjunkturellen Entwicklung und den gerade vereinbarten Tarifabschlüssen beim öffentlichen Dienst. Mit dem vorliegendem Gesetzentwurf vergibt das Land die Möglichkeit für mehr Gerechtigkeit und Fairness im untersten Lohnsegment.